Einleitung

Diese Arbeit zielt darauf ab, sowohl Lehrenden als auch Studierenden im Bereich Gestaltung auf die vielseitigen, kulturellen und philosophischen Aspekte von Creative Coding aufmerksam zu machen. Aus der Perspektive von Gestaltung und Kunst galt die Programmierung bis vor Kurzem noch als Enfant Terrible. Sie war das Kind, das sich einfach nicht beherrschen lassen will. Gestalter:innen sind es gewohnt, dass Werkzeuge sich ihren Bedürfnissen anpassen und nicht umgekehrt. Angesichts des rasanten Tempos, in dem der technologische Fortschritt voranschreitet, wird jedoch immer klarer, wie wichtig darüber hinaus ein grundlegendes Verständnis für die chaotische Welt aus Software, Algorithmen und Code in Zukunft für das Ausüben gestaltender Berufe sein wird. Diese Entwicklung ist vor allem im Kommunikationsdesign zu spüren, wo das Thema Programmierung in den letzten Jahren deutlich an Popularität gewonnen hat.

Schon lange beobachte ich, dass die Grenzen zwischen kreativer Arbeit und technischer Umsetzung zunehmend verschwimmen und die Akzeptanz code-basierter Gestaltungswerkzeuge bei Agenturen, Hochschulen und Individuen stark gestiegen ist. Im Rahmen dieser Entwicklung hat sich der Begriff Creative Coding durchgesetzt, der die Integration von Programmierung in die künstlerische Arbeit zu ummanteln versucht und heute vielseitig, teilweise aber auch fehlerhaft verwendet wird.

Ich sehe immer mehr Publikationen und Plattformen, die Anwendungsbeispiele für Creative Coding im Kommunikationsdesign präsentieren. Dabei wird die Rolle von Creative Coding jedoch allzu häufig auf die der Methode oder des Werkzeugs des oder der Gestaltenden reduziert. Dieses knappe Verständnis wird Creative Coding aus meiner Sicht nicht gerecht, denn der wahre Wert dieser gestalterischen Praxis liegt in den ihr inhärenten kulturellen und philosophischen Aspekten, die auf den ersten Blick nicht ausreichend erkennbar sind. Mit dieser Arbeit verfolge ich die Absicht, einige dieser Aspekte anschaulich darzustellen und für Studierende im Bereich Kommunikationsdesign nachvollziehbar zu machen.

Ursprünglich hatte ich geplant, diese Arbeit in Form eines Buches anzulegen. Allerdings habe ich schnell festgestellt, dass das Buch als Medium der Vielseitigkeit des Themas nicht gerecht wird. Vielmehr bietet sich für ein solch ergiebiges Feld ein flexibleres, offeneres Medium an. So habe ich mich entschieden, das Projekt als eine lose Sammlung von Blogposts anzulegen, die jeweils für sich stehen können und einen bestimmten Aspekt der Thematik beleuchten.

Diese Form bietet sich auch deshalb an, weil ich auf meiner Webseite seit Jahren einen Blog zum Thema Creative Coding betreibe. So wurde diese Arbeit letztlich zu einer Art Proof of Concept für ein Textformat, das über eine Erzählung sachliche Informationen vermittelt. Dieses Format werde ich nach dem Abschluss weiterführen und weiterentwickeln.

Überblick

Im ersten Blogpost Was ist Creative Coding? kläre ich, wie sich der Begriff “Creative Coding” definieren lässt und wie er sich in Relation zum Begriff der „Generativen Gestaltung“ verhält.

Der zweite Post Creative Coding als Erfahrung wirft ein Licht auf den mal mehr, mal weniger beschwerlichen Lernprozess. Hier biete ich verschiedene Denkweisen und Perspektiven an, um Studierende in Momenten großer Lernanstrengung zu motivieren und zu unterstützen.

In Creative Coding als Methode beleuchte ich ein fundamentales Gestaltungsprinzip, das dem Creative Coding zugrunde liegt: Das Verlagern der Absicht von der Lösung auf den Prozess. Ich versuche dieses Prinzip anhand einer Erzählung greifbar zu machen und zeige auf, wie es im Kontext von Creative Coding funktioniert und warum.

In Creative Coding als Chance gehe ich der Frage nach, welche Rolle Programmierung in der Bildung spielen könnte. Hier vergleiche ich einige konträre Positionen, die sich auf die Schulbildung und die Lehre an Designhochschulen beziehen.

Zur Sprache

Ich respektiere alle Menschen als gleichgestellte Individuen und möchte diese Auffassung auch in meiner Arbeit zum Ausdruck bringen. Aus dieser Überzeugung heraus gendere ich in meinen Texten mit Doppelpunkt. An Stellen, an denen dieser Stil zu Verständnisschwierigkeiten führen könnte, verzichte ich darauf bewusst.

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